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Wir schunkeln immer in der letzten Reihe

Wir schunkeln immer in der letzten Reihe

GA-Mitarbeiter reiht sich für einige Stunden in den Landsturm der Bonner Stadtsoldaten ein - In der Nassestraße sind plötzlich die Musikanten verschwunden: Der Bus steuerte die falsche Mensa an

Bonn. Nun trete auch ich an, im Feldzug gegen Griesgram und Muckertum. In den Reihen des aktiven Landsturms begleite ich das Bonner Stadtsoldaten-Corps bei seinen Auftritten. Kaum im Zeughaus ausgestattet mit der Litefka, dem Jackett des Landsturmes - Fliege, Schiffchen und Handschuhen -, muss ich die Kopfbedeckung auch schon wieder absetzen. "Ohne Orden ist der Stadtsoldat nackt", sagt Corps-Intendant Norbert Krug und verleiht mir den Sessionsorden.

Im Bus gibt es erst mal ein Kölsch und Karnevalsmusik. Meine Mitstreiter Jürgen Habrich (auch ein Neuling), Karl Weber und Dieter Stüve klären mich auf. "Der aktive Landsturm sammelt für den Verein für Senioren- und Jugendhilfe, sorgt für Ordnung und steht dem Kadettencorps zur Seite." Corps-Feldwebel Ralf Wolanski gibt letzte Anweisungen: "Nach dem Auftritt geht es sofort zurück in den Bus, ohne Umweg an die Theke."

Egal. Bei den "Zollkanonen" im Brückenforum ist vorher noch was Zeit. So steht die Garde vor dem Aufmarsch am Tresen. "Sobald die Musik erklingt, kann man in Ruhe sein Bier austrinken, denn wir ziehen als Letzte ein", sagt Stüve. Er lobt den Zusammenhalt der Truppe. "Hier kommt man einfach zusammen, vom Maler bis zum Professor." Und als Imi, denn Stüve stieß vor sechs Jahren als Norddeutscher zum Corps.

Rico I. und Ina I. kommen auch gerade rein. Bützchen links, Bützchen rechts. Dann ziehen 130 Stadtsoldaten in den Saal ein. Auf der Bühne wird es ziemlich eng, dennoch hat jeder seinen festen Platz. Der Landsturm singt und schunkelt in der letzten Reihe. Und keiner tanzt aus ihr, wenn Chorfeldwebel Wolanski die Befehle erteilt.

Nach dem Wibbele beim Stippeföttche folgt der Stadtsoldatentanz. Noch einen drauf setzen Anne Mittler und ihr Tanzoffizier Werner Fuchs beim Mariechentanz. Währenddessen zieht der Landsturm allerdings schon mit Sammelbüchsen durchs Publikum und sammelt fürs Hilfswerk.

Nach 20 Minuten marschieren alle schnell zurück zum Bus, denn die Fidele Walzbröde warten schon in der Mensa Nassestraße. Plötzlich ist der dritte Bus weg! Die Musikanten sind auch zur Mensa gefahren, "allerdings zur Poppelsdorfer", sagt Artillerieführer Rolf Uhler. Erst als alle wieder beisammen sind, ziehen die Stadtsoldaten ein. Alles wiederholt sich, mittlerweile kann ich bei den Liedern schon mitsingen: "Drum sollt ich im Leben ein Mädel freien" und "Mir fiere Fastelovend, so wie et uns jefällt".

Nach ein paar Brötchen und Kölsch liegt Bonn bald weit hinter uns. Ziel ist Übach-Palenberg in der Nähe von Aachen. "Keine Cola gibt es hier, kein Bier im anderen Bus", sagt Rolf Uhler scherzend und singt wie die anderen bei den jecken Schlagern kräftig mit. Neue Witze machen die Runde: Die Düsseldorfer müssen mal wieder Federn lassen. Ankunft dann in Übach-Palenberg, 0.30 Uhr. Alle knubbeln sich vor der Stadthalle, in der die Übacher KG ihre Galasitzung abhält. "Es ist immer wieder verwunderlich, wie aus so einem Gewühl eine perfekte Reihe wird", sagt Stüve.

Es folgt der letzte und längste Auftritt des Abends. Beim kurfürstlichen Tanz machen neben der Marie auch die vier Marketenderinnen waghalsige Sprünge und werden von den Kerlen durch die Luft gewirbelt. Das Kölsch am Schluss haben wir uns verdient, bevor es wieder gen Heimat geht. Alle müde? Fehlanzeige. Stüve hat ein Geheimrezept, um fit zu bleiben. "Das Getränk der Seeleute, Rum, ist das beste Mittel, weil es gut gegen Skorbut hilft und Haare auf der Brust macht." Also, ob das nicht eher zum Seemannsgarn gehört...?"

Ich gebe zu: Der Abend war anstrengend und lang. Um kurz vor drei Uhr standen wir erst wieder vor dem Zeughaus. Ich lege die Litefka ab. Der Landsturm muss jetzt ohne mich auskommen.