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Ein Platz in der Kathedrale rheinischer Herzen

Ein Platz in der Kathedrale rheinischer Herzen

Dass dem Rheinländer ein gewisser Missionsdrang in Sachen Karneval innewohnt, können die so genannten Immis Jahr für Jahr zum Beispiel im Bonner "Sudhaus" erleben

Bonn. Im Rheinland bezeichnet Immi nach der durchaus geläufigen Definition von "Sudhaus"-Chef Rolf Hiller "einen Menschen, der mit der rheinischen Feierkultur nicht vertraut ist". Konfrontiert mit den hiesigen Karnevalsbräuchen stünden nicht wenige ortsunkundige Immis auf verlorenem Posten.

Während der Bonner auf seinen Gesprächspartner schon mal gerne im breitesten Platt einredet, erlebt der Immi den gleichen Rheinländer abrupt von seiner besten hochdeutschen Seite, wenn man ins Gespräch kommt. Da geht viel Herzlichkeit verloren, meint Helmut Lammers aus Meppen. "Die Immis müssen in den Karneval einbezogen werden", sagt der Bonner Jeck Dieter Kessel.

Woran erkennt man einen typischen Immi? "Daran, dass er nicht mitschunkelt, wenn Musik läuft", meint Kessel, der fest an die integrativen Schubkräfte des Karnevals glaubt. Neubonnern und jenen von außerhalb, die erstmals in die Tiefen des rheinischen Karnevals abtauchen, nimmt sich das Sudhaus am Friedensplatz - wie am vergangenen Mittwoch - seit Jahren an und munitioniert sie mit den unverzichtbaren Essenzen des Bonner Karnevals: mit Stimmungsmusik, viel Kölsch und rheinischen Originalen, die den Immis zeigen, was eine Party ist.

Hier geben Prominente wie Norbert Blüm, der sich in Bonn mit dem Karnevals-Virus infizierte, den Neulingen in humorvollen Reden das närrische Rüstzeug mit auf den Weg. Dass sich ein Immi durch beharrliches Nichtschunkeln outet, daran glauben Rolf-Felix Swiener, Helmut Lammers und Herbert Nowak indes nicht.

Das Karnevals-Eff-Eff müssen die drei Angestellten des Verteidigungsministeriums nicht mehr lernen. Sie fahren zwar jedes Wochenende zu ihren Familien nach Stuttgart, Meppen im Emsland und Darmstadt, und das schon seit bis zu 16 Jahren. Doch immer zu Karneval ziehen sie gemeinsam um die Häuser.

Irgendwie berge das Immi-Dasein ja auch Vorteile, meint Lammers mit einem Lächeln. So habe er erlebt, dass so mancher Immi eine weibliche Bastion mit einem Appell an die mütterliche Fürsorge - "Ich bin fremd hier. Wo ist dein Zuhause" - gestürmt habe.

Auch Bewohner der Spreestadt wollen nicht bloß Zaungäste am Fernseher bleiben, wenn Prinz Karneval feiert, weiß Hiller. Deshalb tummeln sich zahlreiche Berliner unter den Gästen im Sudhaus, die trotz aller eventuellen Spannungen im Karneval mit offenen Armen empfangen werden. Ganz gönnerhaft formuliert es Kessel: "In der Kathedrale unserer rheinischer Herzen haben wir Platz für die Immis."

Nicht zuletzt erwächst Rheinländern und Nicht-Rheinländern aus der närrischen Tradition wie selbstverständlich eine missionarische Bürde, nämlich die, den Karneval weit über die Grenzen der Region hinaus zu tragen. "Alle, die mitfeiern, insbesondere die Rheinländer, haben hier eine gewisse Verpflichtung", sagt Franziska, eine Närrin. Auch ein Immi ist eben ein Rheinländer. Überall.