1. Narren-News
  2. Ahr&Rhein

Närrischer Notdienst mit Nadel und Faden

Närrischer Notdienst mit Nadel und Faden

Elisabeth Franke rückt jecken Herrschern zu Leibe - Sie skizziert, entwirft Schnitte und näht Kostüme - Tochter Sonja trägt als Walporzheimer Mariechen maßgeschneiderte Unikate

Bad Neuenahr-Ahrweiler. Wenn es irgend etwas gibt, mit dem ein Prinz keinen Staat mehr machen kann, dann ist sie zur Stelle. Wenn der Reissverschluss gekracht ist, der Saum herabhängt, die Spitze des Chemisettchens sich auflöst oder goldene Knöpfe im Eifer des karnevalistischen Gefechtes verloren gehen, dann schlägt Elisabeth Frankes Stunde.

Die Theaterkostüm-Näherin aus Walporzheim rückt dann ganz nah an das Wams des närrischen Herrschers heran und ihm mit Nadel und Faden, Ideen und Kreativität zu Leibe.

Sie hat das Interesse für alles, was mit Stoffen zu tun hat, wohl vererbt bekommen. Ihre Großmutter war Hutmacherin und zeigte ihr schon als Vierjährige, wie gehäkelt, gestrickt und später auch genäht wird.

Seit ihrem 13. Lebensjahr entwirft die 46-Jährige Kleidung selbst, skizziert und fertigt Schnitte an. Ihre Passion kam ihr dann als Mutter von zwei Kindern gelegen. Nur den Berufswunsch der Kostümbildnerin, den erfüllte sich die Beisitzerin im Vorstand der Walporzheimer KG Bunte Kuh nie. Sie wurde Krankenschwester, schulte dann um zur Arzthelferin und fasste erst vor drei Jahren, als Tochter Sonja schon 15 und Sohn Sascha 17 waren, den Entschluss, sich selbstständig zu machen.

"Gerade bei Kostümen, die schon Jahre auf dem Buckel haben, versucht man, auf alte Stücke oder Stoffe zurückzugreifen. Wenn der rote Samt oder weiße Satin farblich nicht passen, dann muss das ganze Stück ersetzt werden." Als Sascha 1989 zu den Funken der Ahrweiler KG ging, da hatte sie ihren Ruf schnell weg: "Kannste nicht? Machste mal!", lautete der obligatorische Hilferuf.

"Nein" sagen, das kann sie nicht, und so restauriert sie Prinzenkostüme, näht für Funken und avanciert zum Karnevals-Notdienst "rund um die Uhr". Da stapelten sich, bevor sie in ihr Atelier an der Plätzerstraße umzog, auf Ess- und Wohnzimmertisch die Stoffballen, die Nähutensilien, da war sie froh, wenn die Familie in Etappen aß, damit nicht zu jeder Mahlzeit alles weggeräumt werden musste. Ihre Tochter profitierte vom Talent der Mutter: Als Solomariechen tanzte sie in extravaganten Kostümen.

Elisabeth Franke entwarf und nähte die von Walporzheims Ortsvorsteher Robert Etten gestiftete Kinderfunken-Fahne aus Samt, Satin und Goldstickereien. Sie schmückte für die Hutsitzung den großen Kurhaussaal, dekorierte für eine Ahrweiler Tanzschule und stattete die Showtanzgruppe einer Bonner Tanzschule mit Can-Can-Kostümen aus. Sie zeichnete verantwortlich für die komplette Ausstattung einer Theateraufführung anlässlich des Veranstaltungsreigens "Ahrmuse" und nähte das Kostüm des Hauptdarstellers beim Musicals "Kätz", das die Kreismusikschule aufführte.

Live-Rollenspieler in Bonn tragen ihre historischen Kostüme und für den Rheinland-Pfalz-Tag wollte eine Frau in die Rolle eines Burgfräuleins schlüpfen. Zur Zeit hat sie den Auftrag, ein Preussenkostüm für einen Privatmann zu nähen, der sich ein Eintauchen in die Welt Friedrich des Großen satte 4 000 Mark kosten lässt und lächelnd hinzufügt: "Wenn Sie damit hinkommen, bin ich glücklich und zufrieden."

Sie ist zufrieden, wenn das, was sie sich beim Angucken der Person vorstellt, auch zutrifft. Und das war bisher immer der Fall. Auch, als sie für die Walporzheimer Weinkönigin und ihre Prinzessin im Jahr 2000 die komplette Garderobe mit je drei langen Kleidern nähte. Tochter Sonja genießt als Majestät in diesem Jahr das Privileg, Maßgeschneidertes tragen zu dürfen. Und Sohn Sascha, der sich in der Kulturinitiative "Jugend Engagiert" einsetzt, freute sich über 50 genähte rote Schleifen für den Welt-Aids-Tag.

Das Einzige, was Elisabeth Franke über die Hutschnur geht, wo ihr der Faden reißt und sie rigoros "Nein" sagt, ist: "Ich würde nie mit einem echten Fell arbeiten. Pelz steht nur einem Tier gut. Das Verarbeiten ist in Zeiten der täuschend echt aussehenden Webpelze nicht nötig."