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Halsavschnigger, Witwen und Kamelle en masse

Halsavschnigger, Witwen und Kamelle en masse

In Niederkassel, Mondorf und Bergheim zeigt sich der Straßenkarneval trotz Schnee und Kälte von seiner schönsten Seite - Die kegelnden "Kallboys" gefallen als Plüschtiere

Niederkassel. Schweren Zeiten müssen "Verbrecher, Politiker, Halsavschnigger, Manager und WM-Versager" entgegen sehen. Geht es nach dem Willen der Interessengemeinschaft "Ahle un neue Kaaßeler", die das jecke Brauchtum bewahren will, würden für manchen Vertreter dieser Zielgruppe getreu ihres Mottos mittelalterliche Zeiten anbrechen.

Was das bedeutete, zeigte die Gruppe um die Familie von Erich Abraham am Montag beim Rosenmontagszug in Niederkassel: Im Anhänger ihrer fahrbaren Trutzburg fristete ein zotteliges Unhold in einem Käfig sein Dasein.

Wen der unwirsche Geselle darstellen sollte, überließ Winfried Abraham freilich der Fantasie. Stichwort "Fantasie": Davon bekamen die tausenden Zuschauer bei dem Umzug noch jede Menge zu sehen.

Bunt und fröhlich - auf den Zweiklang ließ sich am Rosenmontag das närrische Treiben bringen. Mit gutem Beispiel gingen die Eltern und Kinder des Kindergartens Sankt Matthias voran. Als kunterbunte Figuren hatten sich die großen und kleinen Jecken kostümiert, getreu ihrer Devise: "Ob rot, blau, grün, ob eckig oder rund, die Kindergartenpänz von Sankt Matthias lieben's kunterbunt".

Klasse in Szene setzte die Vereinigung "Echte Fründe Niederkassel 05" auch ihr Motiv "Freibeuter der Meere": Ein komplettes Piratenschiff schipperte über die Straße. Witzig am Rande: Auf dem Motivwagen durfte auch ein Seitenhieb auf das politische Dauerstreitthema in Niederkassel nicht fehlen: der Umbau der Hauptstraße zur Einbahnstraße. Dazu merkten die "Echten Fründe" an: "Auf hoher See gibt es keine Einbahnstraße."

Mondorf. Wilfried Schirmer machte seinem Namen beim Mondorfer Rosenmontagsumzug alle Ehre. Mit einem riesigen Schirm war der Jeck auf der Provinzialstraße unterwegs, und das Utensil leistete ihm wertvolle Dienste während der närrische Lindwurm sich durch Mondorf schlängelte.

Aufgespannt, aber umgedreht taugte Schirmers Schirm als treffliches Fanggerät. Schließlich ließen die Mondorfer Gruppen auf dem erfrischend abwechslungsreichen und farbenfrohen Umzug Kamelle und Strüssjer nur so regnen.

Die reifen Damen mit der 70-jährigen Agatha Florin an der Spitze waren schlicht ein Hingucker: Mit blonder Perücke und Dirndel als "bayrische Madel" kostümiert, forderte das munter schwoofende Ensemble "Bayern muss sauber bleiben".

Dafür hatte die Mondorferinnen auch eine schlüssige Begründung: "I' bin es auch", stand auf dem Rücken einer Teilnehmerin zu lesen. Das Thema "Fußball-Weltmeisterschaft" durfte ebenfalls nicht fehlen.

Die Mitarbeiter des Rewe-Marktes hatten sich auf einem riesigen Motivwagen König Fußballs angenommen. Neben einer Frauengruppe, die als tanzende Torten inklusive Kerzenensemble auf dem Kopf für Furore sorgten, gab es noch jede Menge närrischer Perlen zu entdecken.Die Note Eins verdiente sich etwa der Kegelclub "Kallboys", die als Plüschtiere daherkamen.

Bergheim. Man glaubt es kaum: Da kommt der Spielmannszug Esing aus Tornesch bei Hamburg angereist und will ausgerechnet den rheinischen Jecken am Rosenmontag Sitten in Sachen Feiern lehren.

"Wir haben hier mehr Spaß als die Kölner", gab Spielmann Peter Ohff zum Besten. Was mancher für einen waschechten Karnevalsscherz halten dürfte, war beim Umzug in Troisdorf-Bergheim Realität: In farbenfroher Harlekin-Montur machten Ohff und seinen Muschelschubser an der Spitze des Bergheimer Rosenmontagszuges den Eisbrecher - und das mit Erfolg.

Schneeschauer, dunkler Himmel: Kurzum, es war das mieseste Wetter, da sich ein Jeck für einen Zug nur denken kann. Trotzdem machten die karnevalsverrückten Bergheimer das Beste daraus. Wie das geht, zeigte etwa Viktoria Semera mit ihren Freunden: In der Garageneinfahrt war nicht nur ein Buffet aufgebaut.

Zudem sorgte ein Ghettoblaster für Schunkelmusik - und ein paar Klare für die entsprechende innere Wärme. "Das ist heute wie Weihnachten und Karneval zusammen", gewann Elena Weiss der Witterung etwas Schönes ab. Da war sie nicht die Einzige.

Als sich der Zug mit seinen rund 240 Teilnehmern kurz nach 13 Uhr in Bewegung setzte, kam soviel Freude auf, dass das schlechte Wetter schnell vergessen war. Prächtig kostümierte Gruppen wie die Katholische Landjugendbewegung Bergheim-Müllekoven um Sara Ferring, die sich als Krähen und Frösche herausgeputzt hatten, ließen es den Jecken schnell warm ums Herzen werden.