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Flensburger mit rheinischer Lebenslust

Flensburger mit rheinischer Lebenslust

Am Veilchendienstag wird Bürgermeister Stefan Raetz 50 - und feiert dies mitten im Rheinbacher Zug

Rheinbach. Um eine Antwort ist er nie verlegen. Man könnte Stefan Raetz vermutlich nachts anrufen und um eine Stellungnahme bitten: Der Mann würde mit Sicherheit vollständige Sätze formulieren, wahrscheinlich würden die sogar durchdacht wirken - und vielleicht würde er auch noch ein kleines Bonmot unterbringen.

Der Rheinbacher Bürgermeister ist eloquent und spontan, das zeichnet ihn aus; und damit eckt er manchmal auch an, wenn er für einen guten Witz mal wieder keine übertriebene Rücksicht genommen hat auf etwaige Empfindlichkeiten, die es bei dem einen oder anderen Rheinbacher durchaus gibt. Am Veilchendienstag wird Stefan Raetz 50 Jahre alt. Das feiert der studierte Jurist in einer eigens organisierten Fußgruppe im Rheinbacher Karnevalszug.

"Ich versuche, rheinische Lebenslust auszustrahlen", sagt der gebürtige Flensburger, und seine grau-grünen Augen lächeln mit. "Dass ich mal an einem Karnevalsdienstag meinen Geburtstag feiere, hätten meine Eltern bestimmt nicht gedacht." Seit zehn Jahren steht der 1,86 Meter große, inzwischen ergraute Schnauzbartträger mit der tiefen Stimme an der Spitze der Rheinbacher Stadtverwaltung.

Als hauptamtlicher Bürgermeister hat er die unterschiedlichsten Aufgaben zu bewältigen: Da muss er Ratssitzungen leiten und dabei auch hitzige Diskussionen unter Kontrolle halten, da muss er als stellvertretender Sprecher der 19 Bürgermeister im Rhein-Sieg-Kreis die Meinung der Kollegen zusammenfassen, da muss er auch mal im Taucheranzug ins Wasser steigen: wenn es gilt, im Freizeitbad Monte Mare eine Unterwasser-Trauung vorzunehmen. Aber auch im Radler-Dress oder auf wackeligen, gleichgewichtsfördernden Spielgeräten zeigt sich der noch 49-Jährige - je nachdem, was gerade so anliegt.

24 Stunden sei man als Bürgermeister im Dienst - der Beruf sei eben Berufung, findet Raetz. Was auch Nachteile mit sich bringt: "Ich würde mir manchmal mehr Zeit für die Familie wünschen", sagt der Vater eines 13-Jährigen. "Ich weiß jetzt schon, dass ich das, was ich jetzt versäume, erst bei den Enkeln wieder gut machen kann." Spaß mache wiederum: "Man kommt mit vielen interessanten Menschen zusammen. Und damit meine ich nicht nur politisch wichtige Menschen, sondern beispielsweise auch die aus den Vereinen, die sich ehrenamtlich engagieren. Das ist ein bunter Blumenstrauß."

Sein Steckenpferd als Bürgermeister ist die Stadtentwicklung, erzählt Raetz. Dafür setzt er sich auch ein, wenn es sich nicht um städtisches Eigentum handelt. Jahrelang bemühten sich er und sein Erster Beigeordneter Raffael Knauber etwa um eine Nachnutzung für das leer stehende Alte Gymnasium an der Straße Vor dem Voigtstor. Mit Erfolg. Derzeit wird der Bau am Eingang zur Stadt von einem Investor zu einem Wohn- und Geschäftshaus umgestaltet. Unter Einhaltung der Denkmal-Vorschriften. Seinen Führungsstil beschreibt der Verwaltungschef als "sehr kooperativ".

Dazu gehört eine tägliche Postbesprechung mit den Dezernenten. "Wir reden über die wichtigen Dinge des Tages, so dass jeder auch über die anderen Dezernate bescheid weiß." Ähnlich integrativ wirkt der Bürgermeister in der Politik: "Ich weiß, wo meine politische Heimat ist", sagt der Christdemokrat. "Als Bürgermeister versuche ich aber, möglichst alle ins Boot zu holen, bin ich für alle da. Da steht man etwas über der Politik." Das hätte noch vor zehn Jahren wohl niemand zu hoffen gewagt.

Damals stellte die CDU den Beigeordneten Raetz als ihren Kandidaten für das Amt des hauptamtlichen Bürgermeisters gegen den amtierenden Stadtdirektor Gerhard Martini (ebenfalls CDU) auf - und der sogenannte Rathausstreit entbrannte, an dessen Ende Martini wegen parteischädigenden Verhaltens aus der CDU ausgeschlossen wurde. Schon lange ist Ruhe in Rheinbachs politische Szene eingekehrt. "Die Person des Bürgermeisters", kann Raetz sagen, "wird bei uns aus Respekt vor dem Amt nie über die Maßen angegriffen."