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Meckenheimer Karnevals-Uniform nach Kino-Vorbild

Meckenheimer Karnevals-Uniform nach Kino-Vorbild

Die Gründer der Prinzengarde beeindruckte vor 75 Jahren ein Film über das Freicorps von Schill - so kam der Verein zu seinem Parade-Anzug - Der Nachwuchs eröffnet am Donnerstag den Festreigen

Meckenheim. Zum Jubiläumsfest "75 Jahre Prinzengarde" am Wochenende hat sich die Meckenheimer Karnevals-Gilde aus dem Jahr 1933 bestens gerüstet. Das Festzelt für die Veranstaltungen steht bereits auf dem oberen Markt.

Kommandant Friedel Groß stellte Plakatständer auf, auf denen das heute beginnende Fest angekündigt wird. Bis Sonntag feiern die Karnevalisten, die zahlreiche befreundete Gesellschaften als Gäste erwarten. Höhepunkt: der Umzug am Sonntag.

Zur Gründungszeit der Prinzengarde dachte man eher weniger ans Feiern. Weltwirtschaftskrise und Massenarbeitslosigkeit hatten die Menschen im Griff. Doch 14 Meckenheimer wollten ein kleines Fünkchen Glanz gegen diese Trostlosigkeit setzen und den traditionellen Karnevalisten-Kampf gegen "Muckertum in der Fastelovendszeit" aufnehmen.

Fastnachtsdienstag 1933 gründeten Josef, Ferdinand, Franz und Hubert Spilles, Heinrich Hellmann, Jean Linden, Franz Bertram, Jean Derix, Wilhelm Schliebach, Toni Klein, Jean Schneider, August Cöllen, Peter Büchel und Franz Fey die Prinzengarde Meckenheim.

Heute ist daraus eine Schmiede für Nachwuchskarnevalisten geworden, die auch das Ihre zur Jugendarbeit beiträgt. Inzwischen ist die Zahl der Vereinsmitglieder auf das nahezu 25-fache der Anfangszeit gewachsen. 347 Mitglieder zählt der Verein heute, davon tragen 97 die Uniform nach dem Vorbild des Freicorps von Schill. Im "PGM-Treff" besitzt die Prinzengarde ein eigenes Domizil.

Der Verein hat sieben Abteilungen, davon vier Tanzgruppen, von den Minis, "Ruude Stümpche" genannt, bis zur großen Garde. Trommellehrer Matthias Lesch und Trompetenlehrer René Gentzsch geben den Rhythmus des eigenen Fanfarencorps vor.

Die Prinzengarde ist der Tradition verpflichtet, geht aber mit der Zeit. Was 1933 undenkbar war - dass eine Frau den Verein führt -, ist mit Monika Schell als Vorsitzender heute selbstverständlich. Seit 1934 feierten die Frauen ihren Weibertag mit eigenem Elferrat und Büttenreden in eigenen Kostümen. Heute sind die Mädchensitzungen der "Gardehexen" stets ein Publikumsmagnet im Wieverfasteleer.

Das Kommando blieb allerdings eine männliche Domäne. Elf Kommandanten führten bislang die Prinzengarde: Richard Bertram senior, Franz Fey, Hubert Spilles, Peter Kuhl, Franz Josef Spilles, Peter Lux, Peter Eller, Franz Eschweiler, Bernd Bauch, Joachim Wolber und - zurzeit amtierend - Friedel Groß.

Die Kommandanten tragen traditionell eine Husaren-Uniform nach dem Vorbild des Freicorps von Schill. Die Idee entstand, so weiß Friedel Groß "nach mündlicher Überlieferung", nachdem die Prinzengarde-Gründer in den "Jägerhof-Lichtspielen" einen Film über Ferdinand von Schill gesehen hatten. Franz Fey, Besitzer des Jägerhofs an der Ecke Wormersdorfer Straße/Bahnhofstraße, finanzierte die Uniformen - Ehrensache für den Gastwirt, hatte die Prinzengarde doch sein Lokal zur Vereinsgaststätte gemacht.

Bereits 1935 hielt die Prinzengarde mehrere Gala- und Prunksitzungen ab. Der Karnevalszug bestand aus zwei Teilen mit insgesamt 33 Gruppen und Wagen. 1936 kam ein Liederbuch der Garde heraus. Für 70 Mark ließ sie 1937 1 200 Liederhefte und 500 Wurfzettel drucken. Dem Vereinsnachwuchs galt von Anfang an die Fürsorge des Vereins. Schon 1934 standen die Söhne wie die Gründerväter in Uniform Spalier. Das Credo von Kommandant Friedel Groß lautet: "Die Kleinen sind die Größten". Die "Ruude Stümpche" eröffnen sogar das Festprogramm.

Die Jubiläumsfeiern zeigen, dass die Prinzengarde auch im gesellschaftlichen Leben erfolgreich mitmischt. Ihr Rosenball gehört seit fast 40 Jahren zum festen Terminkalender in Meckenheim. Mit dieser Tanzveranstaltung wurde 1978 die Jungholzhalle eröffnet. In diesem Jahr fällt er wegen des Jubiläums ausnahmsweise aus, doch 2009 sollen die Gäste wieder zwischen Tausenden frischer Rosen tanzen können.

Freilich passt sich die Prinzengarde den gesellschaftlichen Veränderungen an und reagiert auf das allgemein zurückgehende Interesse der Bevölkerung. Füllte der Rosenball vor Jahrzehnten noch locker die große Jungholzhalle, wird er heute klein, aber fein in der Aula der evangelischen Grundschule gefeiert.

Die Prunksitzungen heißen heute "Statt-Sitzung", und das frühere Bühnen-Programm läuft inmitten der Zuschauer in der Schützenhalle. Auch das Soziale hat die Garde im Blick. Die Erlöse von Veranstaltungen, wie dem Tauziehen oder dem Fußballturnier, kommen zum Beispiel Kinderferienfreizeiten und Kinderheimen zu Gute.

Freundschaften zu anderen Vereinen sind für die Prinzengarde selbstverständlich: Seit 30 Jahren ist sie dem Fanfarenorchester Finnentrop verbunden, und seit 1992 "praktizieren wir die Wiedervereinigung auf karnevalistischer Ebene mit dem Rostocker Karnevalsclub", so Friedel Groß.

Im Jubiläumsjahr blickt die Garde nicht nur zurück, sie investiert auch in die Zukunft. Nach der Renovierung des Gastraums im PGM-Treff ist demnächst der Sanitärbereich an der Reihe, Küche und Lager stehen im nächsten Jahr an. Dabei packen die Mitglieder mit an, denn nur so sind solche Investitionen zu stemmen. Da zeigt sich: Der Funken der Gründerzeit glimmt noch immer.