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Selbst gedrehte Rosen für die Blumenkinder

Selbst gedrehte Rosen für die Blumenkinder

Vielerorts ist der Platz für den Bau von Karnevalswagen knapp geworden, in Waldorf aber nicht

Rhein-Sieg-Kreis. Ja, die gute alte Zeit. Günter Stüsser ist zwar gerade mal 45 Jahre alt, doch der Waldorfer erinnert sich noch gut daran, wie es früher rund ging im Vorgebirgsort in den Monaten vor Karneval.

Fleißig wurde gezimmert und dekoriert, und alles geschah im Verborgenen. "Noch in den Achtzigern", so Günter Stüsser von der Interessen- und Straßengemeinschaft Schmiedegasse, "wurden bei uns in der Straße bis zu zehn Karnevalswagen gebaut."

Jeder wollte den schönsten, den größten und den besten haben. Deswegen fanden die Arbeiten hinter verschlossenen Toren statt. Die Zeiten haben sich gewandelt. Für den Kinderkarnevals-Zug werden gerade einmal vier Wagen noch vor Ort gebaut, bedauert Josef Urfey, Waldorfs Ortsvorsteher.

Das Hauptproblem: Platz zum Aufbau der Wagen ist zur Mangelware geworden. "Sie können einen Prunkwagen nicht ungeschützt im Freien bauen", erläutert Urfey, "Sie brauchen einen geschützten Raum, der ausreichend Platz vor den Witterungseinflüssen bietet."

Den boten die großen Hallen der Landwirte. Doch durch die Zusammenlegung von Höfen und durch das Höfesterben im Vorgebirge wurde dieser Platz rar. Auf dem Hof der Landwirte Lieselotte und Heinrich Bursch in der Schmiedegasse ist dieser Platz jedoch noch vorhanden.

In der großen Halle des bäuerlichen Guts wird seit mehr als 15 Jahren der Prunkwagen für den Waldorfer Umzug gebaut. "40 Jahre Flower Power" - so lautet das diesjährige Motto der Jecken aus der Schmiedegasse.

Mit "Knutschpapier" in den Farben Lila und Orange und Tausenden von Röschen wird derzeit mit viel Liebe zum Detail das Hippie-Mobil für die Premiere durch die Straßen Waldorfs am 21. Februar errichtet.

Und der Wagen braucht seinen Platz: Mit einer Höhe von 3,90 Meter reicht er knapp bis unters Dach der Scheune, inklusive Traktor wird das Gespann circa 16 Meter lang werden.

Doch nicht nur die Maße müssen stimmen, auch der Faktor Zeit spielt eine Rolle. Die große Scheune der Burschs ist jedes Jahr von November bis kurz vor Karneval belegt von den Wagenbauern.

Hier gilt Arbeitsteilung: Während die Jungen schrauben, hämmern und kleben, drehen die Damen des Seniorenclubs bei einem leckeren Likörchen mit Lieselotte Bursch die Rosen aus Krepppapier, damit die selbst ernannten "Blomekinder us de Schmiedejass" rechtzeitig zum 42. Narren-Umzug zünftig auffahren können.

Damit den Karnevalsvereinen trotz der Raumnot die Prunkwagen nicht ausgehen, wird untereinander getauscht, oder die Wagen werden gar verkauft. So stammt der Prunkwagen der Kinderprinzessin Jin Li beispielsweise aus Hürth-Hermülheim, wie Urfey verriet.

Der Mangel an geeigneten Unterstellmöglichkeiten für Wagenbauer ist eine Entwicklung, die sich schon Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre abzeichnete. Andreas Winand, Zugleiter beim Impekovener Karnevalszug, der am Samstag erstmals seit 36 Jahren wieder startet, sieht darin einen der Gründe, weshalb es seit 1972 keinen Umzug mehr in Impekoven gab.

Dass es auch anders geht, zeigt die Vereinsgemeinschaft Oberdrees, zu der der Sportverein, das Damenkomitee und die Karnevalsgesellschaft "Bekömme Dich net drömm" gehören. Um dem Trend entgegenzuwirken, ließen die Oberdresser Jecken bereits vor etlichen Jahren eine Halle (30 mal 15 Meter) bauen.

Dort können pro Session bis zu neun Wagen gebaut werden, so Heinz Schneppen, Präsident der KG "Bekömmer dich net drömm". Alle 15 Karnevalswagen, die am Sonntag, 22. Februar, im Zug zu sehen sein werden, wurden in dem Rheinbacher Ort selber gebaut.

Nach Ablauf der tollen Tage werden die Wagen entweder weiterverkauft oder verliehen. Die Preise seien Verhandlungssache.