Mädchensitzung in Ahrweiler : Mädels lieben die Zielscheibe „Mann“
Ahrweiler Hunderte Damen haben mit den Backes Jonge übermütig Karneval gefeiert. Im Ahrweiler Bürgerzentrum gab es kein Halten mehr.
„Was ist denn hier los“, fragte sich so manch ein Karnevalsakteur, der sicher weitaus größere Hallen kennt, als er ins Helmut-Gies-Bürgerzentrum nach Ahrweiler zur Damensitzung der Karnevalsgesellschaft (KG) Backes Jonge kam. Von der ersten Minute an herrschte hier eine Stimmung, die nicht zu überbieten war. Hunderte bunt kostümierter Frauen jeden Alters wollten nur eines: zusammen eine riesige Karnevalsparty feiern. Nichts anderes.
Da wurden die Akteure auf der Bühne umjubelt, da wurde lauthals mitgesungen, in den Gängen getanzt und geschunkelt. Alles in Hochstimmung und dennoch im Rahmen. Kein Geklappere von auf den Tisch geschlagenen Schnäpschen. Kein Ausufern, das Ermahnungen von Sitzungspräsident Volker Scherhag nach sich ziehen musste. Unter den zahlreichen Mädchen- und Damensitzungen der fünften Jahreszeit im Rheinland scheint die der Backes Jonge eine ganz besondere zu sein. Zumindest, wenn man den Künstlern auf der Bühne Glauben schenken darf. Denn die hatten nicht nur die üblichen Floskeln vom „besten Publikum, das ich je hatte“ drauf.
Die StattGarde Colonia Ahoi beispielsweise hatte gerade ihre eigene Sitzung, traditionell ist tags darauf frei. „Aber wenn die Backes Jonge rufen, dann wollen alle nach Ahrweiler“, so der Kapitän André Schulze Isfort. Der hatte alles mitgebracht, an die 80 Top-Karnevalisten. Die Bordkapelle – der Shanty-Chor –, aber besonders das Männer-Tanzcorps mit den „schärfsten Schenkeln von Köln“ brachten die Damen im Bürgerzentrum in Wallung.
Mittendrin in der StattGarde und dieses Mal mit Heimspiel: Posaunistin Sabrina Koll aus Ahrweiler. Auch Sänger Linus, der regelmäßig Tausende Besucher zu seinen Talentproben am Kölner Tanzbrunnen begrüßt, war baff. Spät im Programm erreichte er das gesamte Auditorium. Und das war textsicher, ganz bestimmt bei den Hits der Bläck Fööss oder eines Willi Ostermann. „Davon träum ich heute Nacht“, so Linus.
Was die Mädels im Bürgerzentrum erleben möchten, spiegelt aber auch die aktuelle Entwicklung des Kölner Karnevals wider: weg von den Reden, hin zu Party, Musik, Showtanz. Die Backes Jonge machen das nicht in Gänze mit, ihnen ist der Erhalt närrischer Redner ein Anliegen.
Zumindest zwei von ihnen durften zum Sitzungsstart ran. Achnes Kasulke hatte den Saal schnell auf ihrer Seite, hatte sie die Flinte klar in Richtung „Zielscheibe Mann“ gestreckt, ohne dabei die Frauen als vollkommen darzustellen. Daraus folgt: „Es würden viel mehr Männer von zu Hause abhauen, wenn sie wüssten, wie man einen Koffer packt.“
Aus Mainz war Pizzabäcker Ciro Visone gekommen. Im Meenzer Fasteleer eine bekannte Nummer, waren in Ahrweiler allenfalls seine vorgetragenen italienischen Gassenhauer gefragt. Haken dran, denn die Party konnte jetzt beginnen. Diese hatte Trompeter Bruce Kapusta zu Sitzungsstart bereits stimmungsvoll eingeleitet, jetzt sorgten die Jungs von Milljö fürs erste Überschreiten zulässiger Dezibelzahlen dank kreischenden Publikums. Nach deren „Wolkenplatz“ oder „Schöckelpäd“ fragte der Präsident nicht das Publikum, sondern die Band: „Na, wie hat es Euch gefallen?“
Weil man den Damen tanzende Männer bieten muss, kamen nun die Rezag Husaren auf die Bühne, spannten den Bogen von Köln bis Moskau, von Kasatschok bis zu Flugeinlagen. Mittendrin ein mutiges Mariechen, das mehr in der Luft denn auf dem Boden war.
Wesentlich filigraner dann Dauergäste aus der Nähe von Limburg. Die hochdekorierten Tänzerinnen gehören in Garde- und Showtanz zur Elite, bereiten sich gerade erst wieder auf die Deutschen Meisterschaften vor.
Am Ende steigerte sich dann alles noch einmal in ungeahnte Höhen. Zunächst sorgte die Brassband Druckluft für ordentlich Dampf im Ahrweiler Narrenkessel. Als zum Abschluss dann noch die Kultband De Höhner die Bühne betrat, gab es kein Halten mehr. Und wieder sangen alle mit, die großen Höhner-Hits genauso wie das neue „Anna Havanna“ mit Stimmungsgarantie.