Immer die Uhr im Nacken

Peter Kittler ist Hofmarschall des Bad Godesberger Prinzenpaares - Er sorgt dafür, dass die Mannschaft an Bord ist und der Terminplan eingehalten wird - Einweisung in lokale Eigenheiten

Bad Godesberg. Mit Peter Kittler zu reden ist eine echte Herausforderung. Dabei ist der Hofmarschall des Godesberger Prinzenpaares durchaus gesprächig. Doch der Mann, der dafür Sorge trägt, dass Prinz Ernst Ludwig I. und Godesia Rosi ihren Terminplan einhalten, ist so sehr damit beschäftigt, die Zeit im Auge zu behalten, dass er selbst keine mehr hat.

Mitten im Satz wendet er sich ab, gibt das Kommando "Einmarsch" und zieht von dannen. "Siehste, so muss das sein", sagt Godesia Rosi und verabschiedet sich ebenfalls. Seit 1992 ist Peter Kittler im Godesberger Karneval aktiv. Als Schatzmeister verpasste er seither kaum eine Session im Hofstaat. Nun ist er zum zweiten Mal als Hofmarschall an vorderster Front dabei. "Das ganze Drumherum, das mache ich", sagt er. "Fällt ein Fahnenträger aus, muss ich Ersatz besorgen. Die Fahne ist wichtig", sagt er.

Wer einen der begehrten 350 Prinzenorden verliehen bekommt, entscheidet Kittler. Wie viele Blumensträuße die Tollitäten an einem Abend brauchen, weiß Kittler. Auf welche lokalen Eigenheiten Prinz und Godesia bei den zahllosen Sitzungsbesuchen zu achten haben, Kittler sagt es ihnen. Ob ihm das Ganze Spaß macht? "Ja", sagt er nach kurzem Zögern entschieden, "sonst würde ich das nicht machen."

Der Abend beginnt entspannt. Die Rotjacken des Festausschusses, die Tanzgarde der Stadtsoldaten, die an diesem Abend das Prinzenpaar begleiten, und der Hofstaat stehen in kleinen Grüppchen im Foyer der Godesberger Stadthalle. Die Fidelen Burggrafen haben zur Prunksitzung geladen, da darf das Prinzenpaar nicht fehlen. Klönen, Trinken und Rauchen finden ein jähes Ende, als eine Trillerpfeife ertönt. Das ist das Signal für die Stadtsoldaten, sich in Formation zu begeben. Kittler bleibt ruhig. Denn in der Reihenfolge, in der Tollitäten und Gefolge einmarschieren, kommt die Begleitgarde an erster Stelle, gefolgt von den Vertretern des Festausschusses und den Pagen. Dann kommt Peter Kittler.

Er muss es wissen, schließlich ist es seine Aufgabe, die Einmarschfolge zu überwachen. Auf der Bühne angekommen hält sich Kittler vornehm im Hintergrund. Mit der Vorstellung von Godesia Rosi und Prinz Ernst Ludwig I. dürfte er zufrieden sein. Wie besprochen, beglückwünschen sie die Burggrafen zu ihrem 70-jährigen Bestehen und Sitzungspräsident Karl-Heinz Michels zu 25 Jahren im Amt. Ob das rhythmische Klatschen und leichte Wiegen in den Knien Kittlers bei den Tänzen der Stadtsoldaten Ausdruck echter Freude oder pflichtgemäßer Frohsinn ist, lässt sich schwer ausmachen. Beim Säbeltanz jedenfalls verlässt ihn sein Rhythmusgefühl. Erst blickt er auf die Uhr, dann sucht er das Gespräch mit Mitgliedern des Hofstaats.

Es ist spät geworden, der Hofmarschall drückt aufs Tempo. Raus aus der Halle und ab zur KG Rot-Weiß Dänemark in Dottendorf. Als die Stadtsoldaten im gemieteten Linienbus in Dottendorf ankommen, ist der Hofstaat schon vor Ort. Wie immer marschiert Kittler vorne weg. Er kündigt die Ankunft der Tollitäten bei den Veranstaltern an und vergewissert sich, dass der Zeitplan eingehalten werden kann. Kommt es zu Verzögerungen, wird zuerst bei den Tänzen gespart. Per Handzeichen lässt Kittler die Stadtsoldaten wissen, wie viele Tänze es sein dürfen.

Auf dem Weg zur Sitzung der Tippgemeinschaft "Kolönnchen" in Rüngsdorf werden erste Spuren des Auftrittmarathons deutlich. An den Nähten der Uniformen bilden sich Schweißflecken, einige Akteure erhoffen sich neue Kraft von Energie-Getränken. Bei Kittler ist kein Kräfteverschleiß zu erkennen. Er weiß, dass der Abend noch lang ist. Bis etwa 1 Uhr wird er unterwegs sein. Nach dem letzten Auftritt sorgt er dafür, dass Prinz Ernst Ludwig I. und Godesia Rosi im Prinzenwagen nach Hause chauffiert werden. Erst wenn er die Tollitäten im Bett weiß, kann auch er ans Schlafen denken.