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Der Bürgermeister bekommt Fischfutter

Der Bürgermeister bekommt Fischfutter

Die Narren machen das Siebengebirge unsicher - In Bockeroth wird nichts für schwache Seh-Nerven geboten, in der Altstadt feiert der Prinzen-Stammtisch und in Dollendorf wütet der Richter

Königswinter. Nicht nur bei den zahlreichen Zügen fanden in den vergangenen Tagen die Höhepunkte der Session am Rhein und in den sieben Bergen statt.

Ob beim traditionellen Prinzenbiwak in der Altstadt, beim Kostümball des TuS Oberpleis, bei den jecken Wievern in Bockeroth, bei den Senioren im Kloster Heisterbach oder beim Narrengericht in Oberdollendorf - die Stimmung war überall prächtig.

Königswinter. (bcn) Als eine Institution kann man mittlerweile wohl schon das Prinzenbiwak der ehemaligen Königswinterer Tollitäten beschreiben, das am Karnevalssamstag nunmehr zum 26. Mal stattfand: Los ging es wie immer pünktlich um 11.11 Uhr.

"Es lässt sich seit jeher eher langsam an", kommentierte Dieter Schumacher, Prinz des Jahres 1976, den Besucherstrom. Voll wird es immer erst gegen Mittag, wenn der Geruch von Gulaschsuppe und anderen rheinischen Spezialitäten lockt.

Nachmittags feiern dann nicht nur Einheimische mit den ehemaligen Prinzen und Prinzessinnen: "Es kommen auch viele Auswärtige zu uns, sogar Leute, die extra wegen Karneval anreisen", erklärte Schumacher.

Denn das Prinzenbiwak ist weit mehr als nur ein Frühschoppen. Das abwechslungsreiche Programm erstreckt sich bis in den späten Nachmittag: Altstadtprinzessin Helga I. (Kurtenbach) von den "Sonnigen Rheinländerinnen" stattete dem Biwak ebenso einen Besuch ab, wie der Spielmannszug der Löschgruppe Altstadt und die Tanzcorps der Großen Königswinterer KG sowie der Fidelen Freunde Postalia.

Ende der 1970er Jahre war die Idee zu einem Stammtisch der ehemaligen Königswinterer Tollitäten entstanden. "Man wollte nicht einfach so auseinandergehen", erläuterte Schumacher.

Mittlerweile hat der Stammtisch rund 40 Mitglieder. Das jüngste ist um die 30 Jahre alt, das älteste bringt es auf stolze 86 Jahre. Vier Mal im Jahr trifft man sich zum Gespräch über Gott und die Welt. Auch ein gemeinsamer Ausflug steht jährlich auf dem Programm.

Zum zweiten Mal fand das Prinzenbiwak im "Tubak" statt. Die Einnahmen lässt Wirt Rainer Schmitz sozialen Zwecken, wie etwa Kindergärten, zukommen.

Bockeroth. (bsa) Der Anblick, den der Bockerother Prinz am Samstag auf der Weibersitzung des Damenkomitees "Mir senn do" bot, war nichts für schwache Seh-Nerven.

Getreu der Tradition, dass die jecken Wiever immer einen besonderen Auftritt verdient haben, tauschte David I. seine weiße Strumpfhose gegen eine knallpinke - in Kombination mit dem dunklen Rot seines Ornats nicht eben modebewusst.

"Einen schönen Prinzen kann nichts entstellen", behauptete er dann noch keck - und schien dabei doch glatt den mobilen Pranger zu übersehen, in dem seine Prinzessin Sandra I. ihn und Bauer Daniel gefangen hielt.

Die Närrinnen im bis zum Bersten gefüllten Saal hatten nicht nur damit ihren Spaß, sondern auch mit dem Programm, das Präsidentin Christa Henseler und ihre Mitstreiterinnen auf die Bühne brachten.

Ob "die dicke Barbie" alias Angelika Palombit-Kufeld, die mit Sekt- und Sahnetorte gegen den Schlankheits- und Jugendwahn rebellierte und damit den versammelten Wievern offensichtlich aus tiefster Seele sprach, oder die überaus ausdauernde Statue des "Bockerother Männchens" (Monika Willcke), die auf ihrem Sockel im Park so allerlei seltsames Volk zu sehen bekam, alle wurden begeistert bejubelt.

Ganz ohne Seitenhiebe auf die Männer ging es natürlich auch nicht, und so war es nicht verwunderlich, dass ausgerechnet der Bienen-Mann Willi auf der faulen Haut lag, während sich Maja und ihre flotten Bienenfreundinnen nach Kräften mühten, ihn zu mehr Bewegung zu animieren.

Ein besonderes Geschenk durfte Bürgermeister Peter Wirtz als aus dem Sea Life Center entsprungener weißer Hai für seine "Kumpanen" mitnehmen - die Präsidentin überreichte ihm eine Notration Fischfutter.

Heisterbach. (bcn) Die rund 65 Bewohnerinnen und Bewohner des Seniorenheimes im Kloster Heisterbach waren fast komplett anwesend, als "ihre" Tollitäten durch Bürgermeister Peter Wirtz in Amt und Würden gehoben wurden.

"Ich habe erst letzte Woche Donnerstag von meinem Glück erfahren, bin aber froh, dabei zu sein", freute sich Prinz Henry I. (Funkel). Vor rund 20 Jahren kam er auf den Geschmack und ist seitdem überzeugter Karnevalsjeck.

Seine Prinzessin, Gertrud I. (Kerger), ist da schon länger dabei: "Ich habe schon immer gerne Karneval gefeiert", erzählte die Rentnerin, die auch eine ihrer Töchter zu ihrem großen Tag mitgebracht hatte.

Der Senioren-Karneval stellt für die Heimbewohner immer einen Höhepunkt im Jahr dar. "Auch Bewohner, die bettlägerig sind, mobilisieren wir und bringen sie hierher", sagte Dagmar Pluhar von der Betriebsleitung des Hauses.

In der Vorbereitungszeit des Festes, die rund sechs Wochen dauert, wächst die Vorfreude der Senioren kontinuierlich. "Dies liegt daran, dass sie aktiv in die Gestaltung des Festes eingebunden werden und es so ihr Fest wird", so Pluhar weiter.

Durch das vielseitige Programm führte Winfried Narres. Neben verschiedenen Tanzcorps, wie den "Ostermann Pänz", gaben sich auch andere Tollitäten die Ehre. Ferdi II. (Templin) kam aus Eudenbach und auch Jupp I. und Jaqueline I. (Euler) aus Heisterbacherrott-Thomasberg wurden begeistert empfangen. Den Abschluss bildete die Mundartgruppe "De Frönde" aus dem Oberhau.

Oberpleis. (mel) Nach 15 Jahren gab es einen Wechsel in der Moderation des Kostümballs des TuS Oberpleis in der Aula des Schulzentrums. An die Stelle von Badminton-Abteilungsleiter Harald Sobkowski trat Fußballer Rainer Strothmann von den Alten Herren, der gleich auf Anhieb souverän durch das Programm führte.

Die Stimmung beim Publikum heizten zunächst die Bad Honnefer Feedback Dancing Band und später die Oberpleiser Kurfürsten an. Die Oberpleiser Narrenzunft war bei ihrem Heimspiel mit dem Elferrat, den Funken und den Zunftsternen vertreten.

Für eine sportliche Einlage sorgte die erfolgreiche Heisterbacherrotter Showtanzgruppe Sweet Kisses. Traditionell wurden die Träger der originellsten Kostüme ausgezeichnet: Bei den Gruppen löste die "Wilde Horde" nach vielen Jahren die Badmintonspieler des TuS Oberpleis als Sieger ab. Die Einzelwertung gewann Bernd Heiler mit seinem aufblasbaren Prinzessinnenkostüm.

Oberdollendorf. (hoh) Die Fünfte Jahreszeit bringt auch Veränderungen in der Rechtsprechung mit sich. Verfehlungen, wie etwa unkarnevalistisches Verhalten, die bei echten Jecken sonst eher Mitleid hervorrufen, werden während der närrischen Tage unnachgiebig verfolgt und geahndet.

So auch in Oberdollendorf. Dort war das aus dem Ankläger Karl Winzen, dem Richter Klaus Weber und dem Beisitzenden Theo-Werner Honnef bestehende Narrengericht der Küzengarde am Samstag in der Bauernschänke zusammengetreten.

Viele Angeklagte hatten in den Tagen zuvor schon Aufforderungen erhalten, sich freiwillig dem Narrengericht zu stellen. Die meisten von ihnen kamen dieser Aufforderung nach, darunter Bürgermeister Peter Wirtz, die Landtagsabgeordnete Andrea Milz und viele Kommunalpolitiker, Vereinsvertreter und Geschäftsleute.

Den meisten ihrer Verteidigungsargumente durchaus zugängig, musste Richter Klaus Weber doch letztlich feststellen, dass kein Mensch perfekt ist und selbst engagierte rheinische Jecke Fehler machen und Nachlässigkeiten begehen.

Geldstrafen, die für die Erhaltung des karnevalistischen Brauchtums, für den Seniorenkarneval und Kindergartenbesuche verwendet werden, mussten also bei allen Angeklagten verhängt werden. Selbst Zilli Weber, die Frau des Richters, blieb davon nicht verschont.