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Einmal steht Bornheimer Tollitätentreff auf der Kippe

Einmal steht Bornheimer Tollitätentreff auf der Kippe

Treffen der Jecken in der Rheinhalle hat eine bewegte Tradition - Zum 40. Mal wirbeln Größen des rheinischen Karnevals über die Bühne - Kurt Krämer erinnert sich

Bornheim-Hersel. Eine große Halle voller Narren, 800 belegte Sitze, auf der Bühne die Spitzenkräfte des rheinischen Karnevals - mit Neid blicken viele Veranstalter von Karnevalssitzungen auf den Tollitätentreff der Stadt Bornheim.

Nur noch wenige schaffen es, so viele Jecken zu aktivieren, sprich: so viele Karten zu verkaufen. "Die Jugend von heute interessiert sich nur noch für Disco und Partys", klagte Peter van den Berg, seit einigen Jahren Sitzungspräsident dieses Tollitätentreffs, angesichts schwach besuchter Sitzungen in seinem Heimatort Bornheim.

Aber die am Dienstag wieder durchgeführte städtische Sitzung in der Herseler Rheinhalle belegt nicht umsonst eine Sonderstellung in der Session, die vielerorts unter mangelnder Begeisterung für den Sitzungskarneval leidet.

Nur wenige andere Karnevalsveranstaltungen haben eine so lange Tradition und so einen starken organisatorischen Rückhalt. Diesmal steht die runde "40" vor dem Tollitätentreff - Zeit, zurückzublicken.

Besonders gerne tut das Kurt Krämer, der pensionierte Beigeordnete der Stadtverwaltung. Als Veteran der Sitzung sammelt er seit Anbeginn Programme, Fotos, Artikel, kiloweise Orden und sogar seine Moderations-Spickzettel von der Veranstaltung, um sich an die gute Zeit zu erinnern. Angefangen habe alles ganz klein, ganz familiär, sagt der 82-Jährige über die Entstehungsgeschichte des Treffs.

"Ich kannte Bornheims Amtsdirektor Hans Dietz noch aus der Zeit vor dem Krieg von gemeinsamen Karnevalssitzungen, die wir in Beuel als Mitgliederer der katholischen Jugend gemeinsam gefeiert hatten." Über diesen Kontakt holte Dietz den Bankkaufmann Krämer als Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung zu sich in das alte Bornheimer Rathaus an der Königstraße und machte ihn bald zum Leiter des Schulamts.

Das bedeutete eine wichtige Verstärkung für die Karnevalsfraktion im Amtssitz. "Damals wurde das Rathaus noch von der Bürgergarde gestürmt. Anschließend zogen wir mit allen Mann ein Stockwerk höher, um in der Dienstwohnung des Amtsdirektors weiter zu feiern", berichtete Krämer von einem Wohnzimmer voller Menschen und Musikkapellen auf den Stufen des Hausflurs. Als erfahrenes Mitglied der Bonner Stadtsoldaten begann Dietz, den Kreis der Feier zu erweitern und alle Tollitäten des Vorgebirges zu dem Spektakel einzuladen.

Der Erfolg stellte sich schnell ein: Der Rathaussturm wurde zu einem aufregenden Ereignis mit Feuerwerksraketen-, Wasserbomben- und Konfetti-Attacken der Verteidiger und Angreifern, die mit Leitern in die Fenster des oberen Stockwerks vom alten Bürgermeisteramt einstiegen, rangen die Jecken etwa im Jahr 1955 heftig um die Macht im Rathaus.

"Einmal hatten wir sogar einen Amtsschimmel aus Pappe gebastelt, der dann nach dem geglückten Sturm feierlich vor dem Rathaus verbrannt wurde." Mittlerweile gab in allen Räumen des Amts kein Zimmer mehr, an dem an Weiberfastnacht niemand feierte.

So war 1968 beim Neubau des Rathauses an der Adenauerallee klar, dass der neue Ratssaal gut genutzt werden sollte: Alle Tollitäten erhielten nun eine offizielle Einladung zum Prinzenempfang, und Krämer übernahm die Moderation. "Sogar gesungen habe ich damals für die Gäste", bekannte sich der schnell von "Schul-Krämer" in "Karnevals-Krämer" Umbenannte zum Verfechter der Showmaster-Tradition alter Schule.

1976 geriet die Feier in Gefahr, denn angesichts einer Finanzkrise war die Kasse leer. Doch die Jecken im Rathaus ließen sich nicht unterkriegen: Mit einem Rundschreiben an alle Karnevalsvereine baten sie um Spenden und erzielten ein großes Echo - der Tollitätentreff war gerettet.

1979 zog die Veranstaltung in die neue Rheinhalle um, wo Stadtdirektor Friedhelm Hüppe und Beigeordneter Kurt Krämer zunächst einem aus Wesseling eingekauften Moderator mit Orts- und Namenskunde zur Seite standen.

Schnell übernahmen die Bornheimer die Leitung wieder selbst: Seitdem stellt stets der amtierende Bürgermeister selbst alle Prinzenpaare vor. "Das Programm konnte sich mit den großen Sitzungen von Köln und Bonn messen, denn wir hatten stets erstklassige Tänzer und Musikgruppen - Musik vom Band wäre für den Tollitätentreff undenkbar gewesen", so Krämer.

Als besonders erfolgreich empfand er die Sitzung 1972, weil damals Walberberg, Merten, Waldorf, Hersel, Bornheim und Roisdorf gleichzeitig Tollitäten schickten. 1991 fiel die Sitzung wegen des Golfkriegs aus. 2000 standen wieder Tollitäten und ihre Vorgänger aus sechs Ortschaften auf der Bühne, weshalb Karin Schumacher, seit 1999 zuständig für die Organisation, diese Session als einen Höhepunkt der Sitzungsgeschichte hervorhob.

2003 gelang ihr die Verpflichtung der "Höhner" als besondere Stars des Programm, davor waren die "Bläck Fööss" in Hersel zu Gast. Die Moderation übernahm 2005 Stadtratsmitglied Peter van den Berg, was zeitweilig unter den Parteien politische Querelen auslöste - ein Streit, der die Jecken im Saal aber wenig interessierte.

Der 40. Tollitätentreff ist fast ausverkauft (Eintritt 18 Euro). Karin Schumacher sieht der Sitzung jetzt gefasst entgegen, denn ihre Arbeit ist getan: "Ich habe schon mit den Vorbereitungen für den Tollitätentreff 2009 begonnen." Die Tradition lebt also fort.

Die Künstler des Tollitätentreffs am Dienstag, 19.30 Uhr: Snowbirds, Treue Husaren Köln, Drei Colonias, Fidele Sandhasen Oberlar, Klaus und Willi, Werbefachmann, Kolibris, Rheinländer. Es gibt nur noch Karten an der Abendkasse.