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Flower-Power, Fliegenpilze und ein Familienclan

Flower-Power, Fliegenpilze und ein Familienclan

Bornheims Junggesellen sehnen die 70er Jahren zurück und zwängen sich in Schlaghosen - Waldorfs Prinz Lars I. ist reif für die Insel - In Witterschlick schlafwandeln die Plüschkissen

Bornheim. (bb) War früher alles besser? Die Jecken der Vorgebirgsstadt jedenfalls scheinen sich - auch angesichts knapper Kassen - die Vergangenheit zurück zu wünschen: Die verheißungsvolle Reise in die 70er, mit Schlaghosen und schrägen Frisuren, unternahmen am Sonntag im Narrenzoch nicht nur die Bornheimer Junggesellen.

Die Wiedergeburt der Flower-Power-Zeiten sorgte auch für eine andere Augenweide, die selbst für Kurzsichtige ohne Brille nicht zu übersehen war: Die Gruppe "Boley-Henseler" in Abba-Kostümen, die mit ihren knalligen Lila-Blau-Rosa-Kombinationen die ganze Straße hinab zu sehen waren.

Noch weiter zurück in der Zeit reisten die mittelalterlichen Knechte und Mägde von der Karnevalsgesellschaft Dersdorf. Besonders viel Mühe gegeben hatte sich die Gruppe "Eene fählt imme": Nach dem Motto "Ich möchte so gern mit dir allein auf einer einsamen Insel sein" marschierte sie gleich als ganzes Südseeinsel-Archipel im Zug mit, detailverliebt ausgestattet mit Palmen, Touristenpuppen im Sonnenstuhl und anderen Dekorationen rund um den Bauch drapiert.

Die katholische Jugend Brenig freute sich "Wir sind Papst", setzte ein Papstdouble auf ein Ehrenpodest, bewachte ihn mit viel Sicherheitspersonal und schlug verwegen vor: "Weltjugendtag 2010 - der Papst in Brenig".

"De Speckmüüs" nahmen sich die Schneeflocken, die vom Himmel segelten, zum Vorbild und tanzten im zauberhaften Schneekostüm durch den Ort. Die Gruppe "Des Wahnsinns fette Beute" kam furchteinflößend als "Schmeißfliegen" mit Facettenaugen und Saugrüssel daher.

Dass Bornheim kein Prinzenpaar hat, ließ der Auftritt von Pfarrer Wolfgang Hages an der Spitze des Zugs verschmerzen. Den bei weitem höchsten Prunkwagen brachte der SSV Alemania Brenig mit: Der schöne Saloon der Cowboy-Truppe musste mancherorts ganz behutsam um tiefhängende Äste herumkutschiert werden, damit er keinen Schaden nahm.

Bornheim-Waldorf. (wb) "Jeder Jeck is anders", mögen sich die Waldorfer gedacht haben, als sie ihr Kinderprinz Lars I. mit einem lauten "Alaaf" von einer Insel herab begrüßte. Die Insel Büsum sollte es sein, so der Wunsch des jungen Prinzen für diesen 49. Narrenzug insgesamt mit 36 Fußgruppen und Wagen.

Ein vier Meter hoher Leuchtturm auf Rädern, geziert von Fischen, Muscheln und Seesternen sowie einigen auf Stangen befestigten Möwen, ließ Lars I. glücklich strahlen, wie er es sonst wohl nur im Urlaub tut.

Von oben herab auf die Jecken am Rand blickte auch "de Buurestammdesch". Die Bauern hatten sich eine mächtige graue Ritterburg zugelegt, aus der sie in mittelalterlichem Gewand Primeln, Gemüse und Wein verschenkten. Zum ersten Mal war der katholische Kindergarten Sankt Michael mit seinem "Zwergengarten" dabei.

Nachdem die Eltern in langer Vorarbeit den Wagen mit Blumen und Bäumen geschmückt hatten, schlug am Sontag die große Stunde der "Kindergarten-Zwerge" - jetzt hieß es, eifrig ganz viele Kamelle zu werfen. Gut zu erkennen waren die Zwerge an einem riesigen Fliegenpilz auf dem Wagen.

Alfter-Witterschlick. (pd) Einen Moment lang musste Walburga Wisskirchen scharf nachdenken. Wieviel Familienmitglieder sie auf ihrem Wagen beim Witterschlicker "Zoch" dabei hatte - da musste sie doch noch einmal selbst nachzählen.

Kein Wunder, bei drei Kindern plus Ehepartnern plus sechs Enkelkindern kann man schließlich leicht den Überblick verlieren. Sie waren alle bei Walburga und Heinz Wisskirchen an Bord, die ein Jubiläum feierten: "Vor 30 Jahren waren wir Prinzenpaar, heute feiern wir mit unserer Kinderschar!"

Auch sonst wurden am Sonntag beim Zug runde Geburtstage gefeiert: Der Turnerbund 06, der mit mehr als hundert Jecken - allesamt mit "Fußballköpfen" - vertreten war, verband die Fußball-WM mit seinem großen Vereinsjubiläum: "Die Welt zu Gast beim Jubilar - der TBW wird hundert Jahr".

Zwischen närrischen Marsmenschen und sparsamen Schotten, Geistern und Rappern, den Tanzgruppen der KG Alpenrose und der Band "Orjelspiefe", die auf einem eigenen Wagen musizierte, hatten mehrere Gruppen die 850-Jahrfeier des Orts als Motto gewählt.

"Vom verschlafenen Nest zur Metropole brachte uns der Ton und nicht die Kohle", reimte eine Schlafwandler-Truppe, während das Männerballett "Plüschkissen" das Glas erhob: "Mir stüsse an und wünsche Jlöck, op 850 Johr Witterschleck."

Im Hier und Jetzt bewegte sich die Katholische Frauengemeinschaft: In Ampel-Kostümen präsentierte sie sich als "Neuestes Verkehrshindernis" - eine Anspielung auf die Ampel an der Duisdorfer Straße, die so manchem Bürger ein Ärgernis ist.