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Sie haben an einem Tag 1 500 Frauen im Griff

Sie haben an einem Tag 1 500 Frauen im Griff

Die "Essiger Sternchen" wagen sich mit falschen Wimpern und rasierter Brust zu Samba-Rhythmen auf die Bühne - Bauchtanz-Premiere des Männerballetts in Ollheim sorgt für Begeisterung

Swisttal-Essig. "Mir fiere Fasteleer": Samba-Rhythmen jagen durch die Kantine des Bundesgrenzschutzes in Sankt Augustin. Federbüsche wippen, Hüften wirbeln unter Tüllkaskaden. Kokette Augenaufschläge hinter falschen Wimpern für den "Schlafzimmerblick", dazu 14 rasierte Beine in Glanzstrumpfhosen reißen 500 Frauen zu Begeisterungstürmen hin.

Seit 1996 sind die "Essiger Sternchen" fester Bestandteil am Narrenhimmel rund um ihren Fixstern, Trainerin Erika Ernst. Ein siebenköpfiges Männerballett an Weiberfastnacht im Jahr 2003 - das heißt zwei Auftritte als Sambatruppe sowie eine gefürchtete Premiere in Ollheim und damit rund 1 500 Frauen außer Rand und Band.

Für Dom-Esch und Sankt Augustin schlüpft Heiko Stein ins rote Etui-Kleid und unter die Blondhaarperücke, packt den Schmelz in die Mimik für das Voll-Playback "Glocken von Rom". Dann lassen drei Mönche - Willy Busse, Michael Jakobs und Manfred Zingeler - zu "Sex Bomb" die "Kutten fallen", entpuppen sich in weißen Hosen und Glitzerhemd als "Mambo-Tänzer" für das Spektakulärste, was die BGS-Kantine am Donnerstagmorgen zu bieten hatte: Michael Koppe, Heinz Perschen, Heiko Stein und Stephan Theißen im weiblichen Sambakostüm.

Ihr Markenzeichen außer viel Glitter um Augen und Hüften ist das Bad in der Menge. Ein Klaps auf die Kehrseite wird von den Männern zwischen 24 und 49 Jahren als "Betriebsunfall" abgetan, für Heinz Perschen "kein Problem". Bislang hätten sich die Frauen nicht zu mehr hinreißen lassen, trotz vom Solarium gebräunter Männerhaut.

Dieser Hang zur Perfektion liegt nicht nur an der Akribie von Erika Ernst: Die Männer rasieren sich freiwillig Brust und Beine. Die Verschnaufpause zwischen den Auftritten verbringen sie im "Stammhaus", dem Josef-Bienentreu-Haus in Essig, bei Würstchen und Frikadellen. Dort warten die goldenen Schläppchen Größe 44 bis 46 im Regal.

Geduldig schieben die Männer ihre Fingernägel der Trainerin entgegen, die mit goldenem Nagellack für neue Erfahrung sorgt: "Das klebt ja noch." An enge Stumpfhosen und falsche Wimpern sind sie bereits gewöhnt. Koppe grinst: "Ich lebe jetzt meine weibliche Seite aus." Die Frauen an der Seite aller Sternchen sind Mädchen für alles: Requisitenschlepper, Kulissenschieber und Fahrer. Jutta Perschen stempelt schwarze Rosen auf linke Hinterteile. Marion Theißen pinselt unermüdlich exakte Lidstriche im Stil Kleopatras.

Beim Abmarsch nach Ollheim legt sich Nervosität lähmend über die Tänzer, die ihrer Premiere als Bauchtänzerinnen mit "Bauchschmerzen" entgegen sehen. Rollladenbauer Theißen ist nicht mehr in der Lage, seinen Handschmuck anzulegen. Systemberater Jakobs und Baggerführer Busse helfen sich mit einem Schluck aus dem Bierglas. Der Justizbeamte Stein zieht gefasst die Perlenkappe auf, Chemikant Perschen bekommt die Lippen in Gold nachgezogen, Bauunternehmer Koppe und Betriebsinspektor Zingeler legen sich die Scheichsmäntel aus Betttuch über.

Theißen seufzt: "Wir haben erst vier Monate trainiert." In Abschnitten, so wie Ernst ihren eigenen Kursus absolvierte. Die Musik setzt ein. Mit Herzklopfen marschieren die Scheichs in betont eckigen Bewegungen zur Bühne: "Jetzt geht''s los". Sie sind nicht mehr aufzuhalten. Ein Aufschrei aus den Kehlen von 400 Frauen: Bauchtanz mit Hüftkick und -kreise. "Zu-gabe!" kommt die klare Forderung der Ollheimerinnen. Als Hingucker bringen die Überraschungskünstler ihre schwarzen Rosen zum Einsatz.

Nachwuchskräfte werden noch gesucht. Ansprechpartnerin ist Erika Ernst unter der Rufnummer (0 22 55) 88 41.