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Much: Lebensgemeinschaft Eichhof stellt integratives Dreigestirn​

Karneval in Much : Lebensgemeinschaft Eichhof stellt integratives Dreigestirn

Karneval ist für alle da - niemand zeigt das mehr als ein sympathisches Dreigestirn von der Lebensgemeinschaft Eichhof. Wir haben die amtierenden Tollitäten besucht.

Integration ist in aller Munde. Da ist es nur konsequent, dass es auch integrative Tollitäten im Kreis gibt. Bereits das achte Dreigestirn stellt in diesem Jahr die Lebensgemeinschaft Eichhof. In Ermangelung anderer Tollitäten war das Eichhof-Dreigestirn bereits mehrfach das einzige aus Much und repräsentierte die Gemeinde auch nach außen.

Beim Prinzenempfang glänzte das Trio

Dazu gehört immer der Prinzenempfang beim Landrat im Kreishaus, den Prinz Philipp Heider, Bauer Bastian Schürmann und Jungfrau Katja Lindner in diesem Jahr tapfer meisterten. Zuvor waren sie zusammen mit dem Mucher Dreigestirn beim Bürgermeister zum Frühstück eingeladen, wie die Drei stolz erzählen. Das war bereits die zweite Veranstaltung, denn am Samstag zuvor traten sie auf der Kostümsitzung der Siegburger Ehrengarde im Rhein-Sieg-Forum auf. An Weiberfastnacht stand der Rathaussturm gemeinsam mit dem Mucher Dreigestirn und eine anschließende Kostümparty im Haus der Begegnung auf dem Eichhof an.

„Wir haben schon immer Karneval hier gefeiert. Eine inzwischen pensionierte Mitarbeiterin hatte in der Session 2013/2014 die Idee mit dem Dreigestirn“, erzählt Annette Brittner, die den Wohnbereich leitet. Zusammen mit Sabine Kranzhoff, Leiterin Hauswirtschaft, engagiert sie sich im Arbeitskreis Karneval. Letztere begleitet das Dreigestirn zu den öffentlichen Auftritten, bei denen von Lampenfieber keine Spur ist, wie die Tollitäten versichern.

„Ich hatte gesagt, dass ich gerne Jungfrau sein möchte“, erzählt Katja Lindner, die an Karnevalssamstag ihren 50. Geburtstag feiert. Sie gehört zu einer der wenigen, die auf dem Eichhof zusammen mit ihrem Freund Holger eine eigene Wohnung gemietet hat. Wie alle anderen auch arbeitet sie in einem der verschiedenen Arbeitsbereiche. Erst war es die Kerzenmacherei, inzwischen werkelt sie leidenschaftlich gern in der Küche, die die hauseigene Mensa versorgt. Besonders froh ist sie, dass die Corona-Krise beendet ist, denn die „Masken-Tragerei hat mich genervt“, so die Jungfrau.

Beim Eichhof weiß man, wie gefeiert wird

In den vergangenen beiden Jahren haben die Eichhof-Bewohner nur intern gefeiert. Da es keine öffentlichen Auftritte gab, dürfen die in 2021 inthronisierten Tollitäten nun die zweite Session absolvieren. Der Höhepunkt ist jeweils der Mucher Rosenmontagszug, bei dem das Dreigestirn in einem eigenen Prinzenwagen in diesem Jahr von seinen Adjudanten Hanna Gratzfeld, Severin Steinmeier und Gian-Luca Castelberg sowie der zehnköpfigen Tanzgruppe begleitet wird. Hinzu kommt Prinzenführer Tim Hirschmann. Die Adjudanten und Prinzenführer rekrutieren sich jeweils aus dem vorherigen Dreigestirn.

„Wir haben immer reichlich Nachfrage“, sagt Kranzhoff mit Blick auf Bauer Bastian Schürmann. Der hat von Kindesbeinen an Spaß am Karneval und war auch schon einmal Prinzenführer, wie er stolz verkündet. Der leidenschaftliche Schlagzeuger und Wanderer arbeitet in der Schreinerei und lebt in einer Wohngruppe zusammen mit seiner Verlobten. „Ich bin jetzt ein Jahr verlobt“, erzählt der 39-Jährige.

Der jüngste im Bunde ist der 35-jährige Prinz. Als leidenschaftlicher Bäcker verrichtet er seine Arbeit in der hauseigenen Backstube, deren Produkte auf Märkten oder im Bioladen verkauft werden. Philipp Heider ist zudem leidenschaftlicher Reiter. Wie die Jungfrau spielt er zudem im Orchester mit, wo er den Schellenkranz schlägt. Der Orchesterleiter gibt den Bewohnern Unterricht in Klarinette, Saxophon, Flöten und Gitarren, wie die Mitarbeiterinnen erzählen. Auch der Orden wurde in der eigenen Keramikwerkstatt hergestellt. Die Ornate wurden einmalig angeschafft und werden für die Tollitäten jeweils gesondert angepasst. „Dazu kommt extra eine Schneiderin zu uns“, so Brittner.

Spannender Alltag für die fleißigen Bewohner

Die Eichhof-Bewohner leben in einer festen Struktur. Tagsüber arbeiten sie in der Metall-, Holz-, Keramik-, Kerzen oder Kreativ-Werkstatt, deren Produkte unter anderem über den Online-Shop vertrieben werden. Manche arbeiten auch in der Wäscherei, im Bioladen und dem angeschlossenen Café oder verteilen die Post. Um die großzügigen Außenanlagen kümmert sich die Landwirtschaftsgruppe, die auch die Rinder und die über 200 Hühner versorgt und für auswärtige Arbeiten gebucht werden kann. Ihre Freizeit verbringen die Bewohner entweder Zuhause bei den Eltern oder in den Wohngruppen, wo Sport, Wandern, Theaterspielen, Musizieren, Tanzen, Malen und Ausflüge angeboten wird.

Ein eigener Fußballplatz wird auch von den umliegenden Dörfern mitbenutzt. Die Freizeitgruppen werden von Ehrenamtlern wie der Schülerin Sophie Herchenbach geleitet, die die Tanzgruppe unterrichtet. Ein Bewohner-Beirat, dem auch Bauer Bastian angehört, und ein Beirat für den Arbeitsbereich sichern die Mitbestimmung und Teilhabe der Bewohner. Im Haus der Begegnung gibt es über das Jahr verteilt Veranstaltungen wie Weihnachtsfeiern und Andachten sowie öffentliche Theateraufführungen und Konzerte sowie natürlich eine Karnevalsparty, bei der auch die Siegburger Ehrengarde und Tollitäten aus dem Umfeld auftreten. Gäste sind immer herzlich willkommen.